Radiogeschichten Spezial

Fr, 03.01.  |  11:05-11:25  |  Ö1
Der Ö1 Essay – „Das imaginäre Leben“. Von Natalia Ginzburg (Übersetzung: Maja Pflug). Es liest Eva Mayer

Die Ambivalenz des Daseins moralbefreit in Augenschein zu nehmen, war das Bestreben der italienischen Schriftstellerin Natalia Ginzburg. Warum ist es so schwierig, zwischen Opfer und Unterdrücker zu unterscheiden, fragte sie etwa. Oder: wieso wir Stolz auf die Stadt empfinden, die wir zum Leben gewählt haben, obwohl sie laut und überfüllt ist. Dass politisch denken und sich politisch äußern immer bedeutet, eine genaue Absicht zu verfolgen. Dass die Laster der Erziehung in unseren Geist eingeritzt bleiben wie Tätowierungen und dass wir unser Erwachsenenleben damit verbringen, diese zu tilgen. Dass es heute schwieriger ist, alt zu werden, als früher. Dass uns der Instinkt dazu drängt, Position zu ergreifen, aber die einzige Wahl, die uns bleibt, ist, auf der Seite jener zu sein, die zu Unrecht sterben oder leiden. Oder warum es falsch ist, in der eigenen Herkunft Gründe zum Stolz zu entdecken. Judentum und Identität sind die zwei bestimmenden Themen in Natalia Ginzburgs Essayband „Das imaginäre Leben“.

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