ORF III am Dienstag: 3. und letzter Teil „Wuchteln, Schmäh, Politsatire – Geschichte des österreichischen Kabaretts“: 1961-1978.
Ein viertägiger Kabarettschwerpunkt in ORF III Kultur und Information stimmt bereits ab Montag, dem 28. Dezember 2020, auf den Jahreswechsel ein. Als humoristischen Höhepunkt präsentiert die „zeit.geschichte“ im Hauptabend die erste Folge der dreiteiligen ORF-III-Neuproduktion „Wuchteln, Schmäh, Politsatire – Geschichte des österreichischen Kabaretts“. Darin spannen die Regisseure Daniel Popovic und Valentin Badura den inhaltlichen Bogen vom Ende des Ersten Weltkriegs bis zur Mitte der 1970er Jahre – kommentiert von aktuellen Szenegrößen wie Michael Niavarani, Angelika Niedetzky, Lukas Resetarits, Andreas Vitásek, Andrea Händler, Joesi Prokopetz, Florian Scheuba, Werner Sobotka und Erwin Steinhauer. Produziert wird die Reihe von der Neulandfilm und Medien GmbH.
Teil 3: zeit.geschichte Wuchteln, Schmäh, Politsatire - Geschichte des österreichischen Kabaretts 1961 - 1978 (3/3)
Eine ORF-III-Neuproduktion zur Geschichte des österreichischen Kabaretts. Kommentiert von prominenten Vertretern wie Michael Niavarani, Angelika Niedetzky, Joesi Prokopetz, Andrea Händler, Lukas Resetarits, Florian Scheuba, Werner Sobotka, Erwin Steinhauer und Andreas Vitasek.
"Sehen Sie, es ist meine Überzeugung, wer etwas von Kabarett versteht, versteht auch etwas von Demokratie." sagt schon Gerhard Bronner Anfang der 1960er Jahre. Ab 1963 betreut er die Sendung "Zeitventil". Durch das Fernsehen kommt das österreichische Kabarett langsam in das Wohnzimmer der Österreicherinnen und Österreicher. Ein Umstand, der den Kleinkunstbühnen zu schaffen macht. Es ist eine Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs, aber auch der Probleme. Auch die fortschreitende Etablierung des Fernsehens setzt den Bühnen zu und zwingt sie so dazu neue Konzepte und Programme zu schreiben. Ein Konkurrenzkampf, der in eine breite Programmvielfalt mit sich bringt.
Österreichs Umgang mit seiner Vergangenheit ist schwierig. Das zeigen auch Skandale wie der Freispruch des SS-Mannes Franz Murers - dem "Schlächter von Wilna", oder die Tötung des Pensionisten Ernst Kirchwegers durch einen rechtsextremen Studenten bei einer Demonstration gegen einen antisemitischen Professor. Auch der jüdisch-stämmige Gerhard Bronner bekommt immer wieder antisemitische Zuschriften.
Ein Lieblingsthema des Kabaretts der 1960er Jahre ist Österreichs neuer Platz in der Welt - nicht mehr als Großmacht, sondern als provinzieller Kleinstaat. Während sich der Kalte Krieg zuspitzt und die Angst vor einem atomaren Weltkrieg den Globus in Atem hält, herrscht in Österreich eine Mischung aus Zynismus und Inselmentalität; zum Tod hatte man hier ohnehin stets ein morbides Verhältnis und Österreich wird der Krieg schon nicht betreffen. Sorgen macht man sich im Falle eines Weltkrieges nur über das Schicksal seines Haustieres - so zumindest in Georg Kreislers Chanson "Mein Hund".
Abseits der parlamentarischen Politik erwacht in Österreich Mitte der 70er Jahre eine politische Zivilgesellschaft, die sich in neuen sozialen Bewegungen organisiert. Protestiert wird etwa gegen das geplante Atomkraftwerk Zwentendorf. Spätestens mit Beginn der 1980er Jahre etabliert sich dann auch eine neue Generation an Kabarettisten und Kabarettistinnen.
Teil 2: zeit.geschichte Wuchteln, Schmäh, Politsatire - Geschichte des österreichischen Kabaretts 1945 - 1961 (2/3)
1945 ist der Zweite Weltkrieg endlich zu Ende. Wien liegt in Trümmern, doch Österreich hat schon eine provisorische Regierung und entsteht aus der Asche der Bomben wieder auf. So, wie sich die ersten Lebenszeichen der Freiheit unter der alliierten Besatzung zeigen, regt sich auch die Kabarettszene - Simpl, Werkl, Literatur am Naschmarkt und Lieber Augustin öffnen wieder ihre Pforten. Auch die überlebenden Größen der Szene kehren wieder nach Wien zurück. Hermann Leopoldi, Karl Farkas oder Gerhard Bronner treten wieder auf.
Der Umgang des Landes mit seiner eigenen Täterschaft im Nationalsozialismus ist fragwürdig. Schon 1948 sind alle offiziellen Entnazifizierungs-Maßnahmen de facto zu Ende. Die Wehrmachtsgeneration bestimmt den Blick auf die Vergangenheit. Ein Zustand, der von den eben heimgekehrten Kabarettisten und Kabarettistinnen immer wieder bissig kommentiert wird. Farkas übernimmt in den 50ern die künstlerische Leitung des Simpl und bringt es zu neuer Blüte, sowohl auf der Bühne, als auch im Fernsehprogramm mit seinen berühmten Bilanzen. In seinem Ensemble ist auch Fritz Muliar.
Zum eher unpolitischen Unterhaltungskabarett im Simpl gesellt sich in den 1950er Jahren das "namenlose Ensemble"; ihm gehören Gerhard Bronner, Carl Merz und Helmut Qualtinger an. Letzterer trifft mit seinem Ein-Personen-Stück "Der Herr Karl" mitten in die Seele der österreichischen Nachkriegsgeneration und schreibt damit Fernsehgeschichte. Kein anderes Stück Kabarettgeschichte fängt den Zeitgeist seiner Entstehung so präzise und schonungslos ein. Doch das mit Carl Merz geschrieben Stück löst auch einen Skandal aus. Viele fühlen sich darin vorgeführt.
Teil 1: zeit.geschichte Wuchteln, Schmäh, Politsatire - Geschichte des österreichischen Kabaretts 1918 bis 1945
Zum Auftakt stehen in der ersten Folge (20.15 Uhr) die Jahre 1918 bis 1945 im Fokus: Das Land ist vom Ersten Weltkrieg gezeichnet und das einstige Habsburgerreich auf „den Rest“ Österreich zusammengeschrumpft. In diesen Jahren wird das Nachkriegskabarett geboren, bei dem seichte Unterhaltung im Vordergrund steht. Gesellschaftskritik ist nicht gefragt und bis 1926 sogar durch Zensur reglementiert, doch der österreichische Humor setzt sich bald durch. So zeigt sich beispielsweise Karl Kraus politisch bissig. Anfänglich selbst kriegsbegeistert, wird er bald zum Verfechter des Friedens und verarbeitet seine Ablehnung der Kriegstreiberei 1919 im satirischen Theaterstück „Die letzten Tage der Menschheit“. Ab 1922 tauchen Fritz Grünbaum und Karl Farkas im Etablissement „Simpl“ auf, das sich schnell zum neuen Hotspot in Wien entwickelt. Die Blütezeit des Kabaretts nimmt jedoch mit der Verfolgung und Zensur durch den Nationalsozialismus ein jähes Ende.