Wir Wunderkinder Zeit des Wandels

Fr, 27.12.  |  3:00-3:45  |  Phoenix
Stereo 
Die zweite Folge widmet sich den 60er Jahren, dem bewegten Jahrzehnt, in dem die Jugend vor allem in Westdeutschland aufbegehrte. Die prominenten Zeitzeugen schildern, wie dieser Zeitabschnitt mit all seinen Brüchen und Krisen ihr Leben entscheidend beeinflusst hat. So ist Katja Ebstein eine Freundin von Benno Ohnesorg. Sein Tod durch eine Polizeikugel während des Staatsbesuchs des persischen Schahs in Berlin 1967 ist Auslöser von Massenprotesten in der ganzen Bundesrepublik. Der Aufstand der Jugend gegen das politische und gesellschaftliche Establishment wird das Land dauerhaft verändern.

Es ist ein bewegtes Jahrzehnt, das die Jugend in Deutschland wie kaum ein anderes prägte: die sechziger Jahre. Prominente wie Katja Ebstein, Elke Sommer, Maren Kroymann, Thekla-Carola Wied, Winfried Glatzeder, Uwe Kockisch und Wolfgang Niedecken erzählen, wie dieser Zeitabschnitt mit all seinen Brüchen und Krisen ihr Leben entscheidend beeinflusst hat. Viele von ihnen wachsen zunächst in ärmlichen Verhältnissen auf. Einige der Familien sind bei Kriegsende geflohen und in der neuen Heimat fremd geblieben.

Die Väter der ehemaligen DDR-Schauspieler Uwe Kockisch und Winfried Glatzeder sind im Krieg gefallen. Als Kinder lernen sie früh, sich durchs Leben zu schlagen jeder auf seine Weise. Mit dem Bau der Mauer 1961 beginnt für sie über Nacht ein anderes Leben, denn nun können sie nicht mehr von Ost nach West reisen. Uwe Kockisch führt es nach einem gescheiterten Fluchtversuch direkt in das berüchtigte Cottbuser Zuchthaus. Winfried Glatzeder, der jüdische Vorfahren hat, lebt zwar angepasst im sozialistischen System, hadert aber mit den wirtschaftlichen und später auch politischen Verhältnissen des Landes vor allem seitdem die Staatssicherheit ihn im Visier hat. Die Sängerin und dreimalige Grand Prix-Teilnehmerin Katja Ebstein lebt damals in West-Berlin. Von ihrem kriegsversehrten Vater hat sie eine kritische politische Einstellung übernommen. Schon als Schülerin demonstriert sie gegen die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik. Als die Mauer gebaut wird, zeigt die Sechzehnjährige Kante mit Sitzblockaden und Steinewerfen. Der Kalte Krieg zwischen den Großmächten USA und Sowjetunion hält die Jugend das ganze Jahrzehnt in Atem. Immer wieder kommt es zu Krisen und Konflikten wie 1962 um Kuba. BAP-Sänger Wolfgang Niedecken erinnert sich gut an seine Furcht vor einem Atomkrieg. Kein Wunder, schließlich ist der zweite Weltkrieg da erst 17 Jahre vorbei. Noch sind die meisten Jugendlichen unpolitisch, noch wird über die Verbrechen der Nazis kaum gesprochen zu Hause nicht und in der Schule auch nicht. Das ändert sich mit den Auschwitz-Prozessen in Frankfurt, in denen der verdrängte Massenmord an den Juden ins Bewusstsein der Öffentlichkeit getragen wird. Nun rücken Diskussionen an die Stelle jahrzehntelangen Schweigens, was nicht selten zu Zerwürfnissen zwischen den Generationen führt.

Haben bis dahin deutsche Schlager und die Sehnsucht nach einer heilen Welt die Musikwelt dominiert, provozieren nun die britischen Bands Beatles und Rolling Stones mit ihrem neuen unangepassten Musikstil. Sie begeistern die Jugend auf beiden Seiten der Mauer. Wolfgang Niedecken und Maren Kroymann können ein Lied davon singen.

Die 60er Jahre sind nicht nur musikalisch eine Zeit des Umbruchs. Mit der Erfindung der Antibaby-Pille 1961 können Frauen künftig selbstbestimmter leben. Sexualität wird mehr und mehr enttabuisiert. Technische Errungenschaften wie der Fernseher halten Einzug in deutsche Wohnzimmer damit auch erschreckende Bilder vom Krieg der USA in Vietnam. Das führt zu Protesten der Studierenden auf Deutschlands Straßen. Der Mordanschlag auf Benno Ohnesorg, einem Freund Katja Ebsteins, beim Besuch des persischen Schahs in Berlin 1967 ist Auslöser von Massenprotesten in der ganzen Bundesrepublik. Der Aufstand der Jugend gegen das politische und gesellschaftliche Establishment wird das Land dauerhaft verändern.

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