Von Fürsten und Gärten Die Parks von Bad Muskau und Dessau-Wörlitz
So, 09.02. | 10:30-11:00 | HR
Man muss auf den Hügel mit den alten Linden steigen und sich auf die alte Granitbank setzen, dann den Blick über die Schilfwiese zum Tal der Neißeschweifen lassen, kurz bei den drei Pappeln auf der Schlosswiese verweilen, um schließlich am Südflügel des Schlosses just auf den Fenstern, hinterdenen die Gemächer des Fürsten lagen, hängen zu bleiben.
Dahinter zeichnete ein Besessener Gartenpläne, schrieb feurige Liebesbriefe, dinierte mit den Großen seiner Zeit, grübelte über Schuldscheinen, machte großartige Reisepläne und verfasste Weltliteratur: Hermann Fürst von Pückler-Muskau. Inspiriert durch eine Reise begeistert Pückler sich für den englischen Landschaftspark, für die unauffällig gebändigte Natur. Im Frühjahr 1817 beginnt der "Erdbeweger" auf dem Familiensitz in der Lausitz 800.000 Bäume und 42.000 Sträucher zu pflanzen, Wiesen werden entwässert, die Neiße umgeleitet und ein ganzes Dorf umgesiedelt. Die Muskauer Bürger fragen sich, ob "es mit meinem Verstande noch seine Richtigkeit habe". Genug Geld hatte Pückler nie, aber der Park bringt ihn an den Rand des Ruins.
Dabei hatte er doch eigens zur Verwirklichung seiner Pläne die ältere, geschiedene Reichsgräfin von Pappenheim geheiratet. Aber auch deren Vermögen versinkt in Windeseile in Erdlöchern. Da sie seine Leidenschaft für den Garten teilt, willigt Lucie in eine Scheidung ein, um den Weg für eine begüterte Nachfolgerin frei zu machen. Pückler sucht drei Jahre langin England. Kommt ohne Frau zurück, aber mit Bücher füllenden Reiseberichten.
Der Fürst plant, träumt und gestaltet weiter - und Lucie mit ihm. Er schillert durch Politik und Gesellschaft. Wer den republikanisch gesinnten Aristokraten verstehen will, den realistischen Schwärmer, der muss die gewundenen Wege wandeln, ihn zwischen Baumgruppen suchen und im Spiegel der Neiße aufschimmern sehen. Der Muskauer Park ist seine Seelenlandschaft. Und sein Herz schlägt heute wieder mitten in Europa. Die kleine Holzbrücke über die Neiße ist wieder geöffnet.
Deutsche und Polen bemühen sich gemeinsam,das nach dem Krieg zertrennte Erbe Pücklers zu pflegen. Dem ewigen Nomaden, dem Reiseschriftsteller, dem Wanderer zwischen den Welten hätte das gefallen. Das Gartenreich von Dessau-Wörlitz liegt eingebettet in der Auenlandschaft der Elbe und umfasst sieben Schloss- und Parkanlagen auf einer Gesamtfläche von 145 qkm. Herzstück des Gartenreichs sind die Parkanlagen von Wörlitz, die als erster Landschaftsgarten nach englischem Vorbild auf dem Kontinent entstanden sind. Seen und Kanäle, Brücken und Grotten, Wiesen und Bäume, Tempel und Monumente: gestaltete Natur, die in jeder Wegbiegung neue malerische Bilder bereithält. Die Wörlitzer Anlagen sind um das klassizistische Landhaus entstanden, das der Architekt Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorf für den Landesherrn, Fürst Leopold III Friedrich Franz von Anhalt-Dessau, baute. Beide hatten sich dem Bildungsideal der Aufklärung verschrieben, Park und Landhaus standen allen Besuchern offen, um den Daheimgebliebenen Eindrücke einer Italien- oder einer Englandreise zu vermitteln.
Sein ganzes kleines Land wollte Fürst Franz in einen Garten verwandeln, das Schöne mit dem Nützlichen verbinden. Davon zeugen noch heute zahllose kunstvolle Bauten an Deichen und Wegen, die die weit auseinander liegenden ländlichen Refugien der fürstlichen Familie verbinden. Hier Rokokoverspieltheit und barocke Bilderpracht, dort exquisite klassizistische Dekors, eingebettet in Parkanlagen, in der der Übergang zwischen gestalteter und freier Natur fließend ist. Wenn diePhilosophie die Aufklärung Gestalt gefunden hat, dann in den Elbauen bei Dessau.
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